- Artikel-Nr.: 978-3-87868-481-7
In seiner Regel für das Zusammenleben der Mönche entwirft der heilige Benedikt von Nursia das Idealbild eines Abtes – ein anspruchsvolles Bild einer Führungskraft, das nicht nur für das Leben im Kloster, sondern für die Menschenführung in allen Betrieben Anregungen enthält.
Benedikt hängt die Messlatte hoch: Sanft und streng soll der Abt sein, ein Mann von Welt und Geist gleichermaßen und gleichzeitig sich darauf verstehen, Neues und Altes im richtigen Maße hervorzuholen. Überhaupt ist die Fähigkeit, das rechte Maß zu finden, die Benedikt discretio nennt, eine zentrale Eigenschaft.
Fidelis Ruppert, selbst seit vielen Jahren Abt der Benediktinerabtei von Münsterschwarzach, beginnt seine Ausführungen mit kritischen Gedanken. Er geht der Frage nach, wie der Abt selbst und die Gemeinschaft damit umgehen können, wenn Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen.
Er zeigt, wie wichtig es ist, seine Mitarbeiter menschlich verstehen zu können, und verdeutlicht, dass Führen kein einseitiges Geben ist, sondern auf fruchtbare Gedanken der Gemeinschaft angewiesen ist.
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Aus dem Vorwort
„Ein Bischof zum Anfassen!“ oder ein Oberer, mit dem man „wirklich menschlich umgehen kann“, gehören zu den Wunschbildern unserer Kirche. Diese Wünsche sind berechtigt und entsprechen auch dem biblischen Verständnis von menschlicher und kirchlicher Autorität.
Wenn ein Bischof oder ein Oberer aber wirklich ein Mensch ist, und nicht ein entrückter Übermensch oder fast gottgleich, dann steht natürlich zu vermuten, dass neben viel Menschlichkeit auch so manche „Menschlichkeiten“ bei ihm anzutreffen sind, d.h. Eigenschaften und Verhaltensweisen, die wir uns nicht wünschen, die uns ärgern oder blockieren. Was ist dann? Wir kennen die heftige Kritik an kirchlichen Vorgesetzten, wenn man bei ihnen die Menschlichkeiten entdeckt und darunter leiden muss. Kritik und Entrüstung scheinen dann oft die einzig möglichen Reaktionsweisen zu sein. Muss das so sein? In den folgenden Überlegungen soll diese Frage an die Benediktsregel gestellt werden, da sie nicht nur einen hohen Anspruch an den Abt stellt, sondern auch von einer großen Menschenkenntnis und einer klugen Menschenführung zeugt, die gerade auch die Schwächen der Menschen zu verstehen und zu heilen sucht.
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