- Artikel-Nr.: 978-3-7365-0572-8
Bei dem Wort „Mystik“ denken viele an Esoterisches aus der Welt des Unstofflichen. Dabei gibt es wohl kaum jemanden, der so fest mit beiden Beinen auf dem Boden steht, wie die meisten Mystikerinnen und Mystiker. Denn das Kennzeichnende für diese Menschen war und ist gerade, dass sie ihren Glauben nicht nur in Ritualen, Gebeten und geistigen Übungen praktizieren, sondern ihn tatsächlich im täglichen Leben umsetzen. Und das bedeutet:
sich für andere, meist gesellschaftlich Benachteiligte einzusetzen, ganz praktisch dafür zu arbeiten, dass die frohe Botschaft des Glaubens Wirklichkeit wird, indem sie Frieden stiften, Vorurteile abbauen, Hierarchien einebnen, Menschlichkeit und Menschenfreundlichkeit leben.
Johannes Schleicher stellt in diesem Begleiter für jede Woche des Jahres eine Mystikerin oder einen Mystiker vor. Dabei erzählt er nicht nur Spannendes aus deren Leben, sondern stellt auch Bezüge zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und Notwendigkeiten her. Eine vielfältige Einladung, sich mit den faszinierenden Persönlichkeiten dieser spirituellen Strömung bekannt zu machen und sich von ihrem Handeln inspirieren zu lassen.
Ein Buch über Menschen, die sich einmischen
Das Buch ist ein Reisebegleiter durch das Jahr – aber man ist versucht, es in einem Rutsch zu lesen. Es erzählt über Menschen, die aus einer von Obrigkeitsdenken befreiten Haltung heraus ihr Leben gemeistert haben und uns auch heute noch begleiten können: Wenn wir an uns selbst zweifeln, mit andern streiten, um etwas kämpfen, Verlusterfahrungen machen usw. – also unser ganz „normales“ Leben leben und dafür Begleitung suchen. Sehr mutmachend und gleichzeitig spannend zu lesen.
Als ich das Buch «Himmel zu verschenken», das wie in Geschenkpapier eingewickelt ist, in die Hand nahm und durchblätterte, dachte ich, ufff, das ist aber viel Text und „nur“ Text. Doch beim Lesen wird es total farbig und ich kann mir meine eigenen Bilder
Als ich das Buch «Himmel zu verschenken», das wie in Geschenkpapier eingewickelt ist, in die Hand nahm und durchblätterte, dachte ich, ufff, das ist aber viel Text und „nur“ Text. Doch beim Lesen wird es total farbig und ich kann mir meine eigenen Bilder machen, meine eigene Glaubensgeschichte leuchtet auf und bereichert sie mit weiteren, neuen Elementen. Ebenso lerne ich mir bis heute unbekannte Mystikerinnen und Mystiker kennen.
Ausgehend von seinen persönlichen Erfahrungen geht Johannes Schleicher auf die Bedeutung der Person ein, die er porträtiert, schält ihre Kernbotschaft heraus, beschreibt in einer klaren, verständlichen Sprache in welchem Umfeld sie gelebt hat und setzt ihre Bedeutung ins Heute, in unseren aktuellen Alltag um.
Das Buch wird mich nicht nur im kommenden Jahr begleiten, sondern ist schon zu meiner Begleiterin geworden. Ein wahres Geschenk.
Maria Ackermann, Adliswil/Zürich
Anregend und befreiend
In seinem neuen Buch stellt uns Johannes Schleicher für jede Woche des Jahres eine Mystikerin, einen Mystiker zur Seite. Dabei ist die Anzahl der Frauen der Anzahl der Männer gleich.
Auf verschiedene Arten setzen diese ihren Glauben an einen liebenden, befreienden Gott in gelebtes, andere befreiendes, befriedetes und befriedendes Leben um. Dies innerhalb der christlichen Kirchen, oder auch oft im Konflikt mit den Amtskirchen. Mit Elie Wiesel und Martin Buber werden darüber hinaus zwei Vertreter jüdischer Mystiker ins Augenmerk gerückt.
In kurzen Kapiteln von vier bis fünf Seiten wird in allgemeinverständlicher Sprache die jeweilige Person vorgestellt, wobei in beliebiger Reihenfolge zu lesen ist. Hilfreich am Buchende eine Liste von Lebensfragen, Problemkreisen, denen jeweils ein Kapitel zugeordnet ist, das besonders gut dazu passt. So kann für verschiedene Lebenslagen leicht passende Gefährtinnen und Gefährten finden, mit denen man vertrauensvoll vorangehen kann.
Dabei ist das Buch weit mehr als ein Lexikon, das nur Fakten und Gedanken der Mystiker verschiedener Jahrhunderte aufreiht. Der zeitliche Bogen spannt sich – im Buch nicht in chronologischer Reihenfolge - von Syncletica von Alexandria im 3. Jahrhundert bis hin zu den heute noch lebenden Bruder David Steindl-Rast und Gustavo Gutiérrez. Weltbekannte Persönlichkeiten wie Mutter Teresa werden uns genauso als Begleitende vorgestellt wie eher lokal bekannte Mystkerinnen wie Margarete Ebner.
Johannes Schleicher schreibt (in mystischer Tugend!) zunächst einmal über das Wesentliche – Gedanken und Schnittstellen der jeweiligen Person zu unserer Zeit, unseren Problemen und Umständen. Dabei erzählt er oft persönlich und humorvoll, gibt aber auch manchen klugen, wichtigen Gedankenanstoß. Er zeigt einladende Möglichkeiten auf, als mündiger Christ in einem sehr persönliches Verhältnis zum liebenden Gott zu leben – auch innerhalb der heutigen Kirchen. Dabei bleibt er authetisch und kritisch nicht nur manchen Formen des Zeitgeistes und der Amtskirchen gegenüber, sondern auch in Bezug auf die vorgestellten Personen, deren Denken und Sein man immer in ihrem historischen Kontext sehen muss und nicht 1:1 ins Heute übernehmen kann.
Ob es nun Gertrud die Große ist, die aufzeigt, dass es bei Jesu Geburt um die Erneuerung des Liebensbundes Gott-Menschen geht und nicht um irgendeine Sündenvergebung,
Martin Buber, der so deutlich sagt, dass Gott Beziehung ist und das wirkliche Leben Begegnung,
Elie Wiesel, der die Berechtigung der Klage gegen Gott und die Wichtigkeit der Mitmenschlichkeit kennt,
die spirituelle Durchdringung des Alltags einer Etty Hillesum,
die von Juliana von Norwich als These festgestellte Weiblichkeit Gottes,
die Einheit in versöhnter Verschiedenheit, die Roger Schutz sich wünscht….
oder, oder, oder – in jedem Kapitel finde ich Punkte, die mich ansprechen und begleiten.
Abgerundet wird das Buch von einer Liste weiterführender Literatur zu einzelnen Mystikern, die der VierTürme-Verlag bietet.
Fazit: Wie schon der Vorgängerband ‚Mitmensch Gott‘ ein wahrhaft anregendes und befreiendes Buch und eine unaufdringliche Hilfe für den individuellen Glaubensweg. In dieser mystischen Haltung zu leben, zeigt ein jedes Kapitel, heißt Gott in sich zu wissen, die ganze Schöpfung zu respektieren und sich mit seinen individuellen Möglichkeiten für sie einzusetzen.
Sehr zu empfehlen!
Maria Sassin
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